Ein Interview mit Bärbel (37), die seit Anfang März 2024 im CaFée mit Herz mitarbeitet. Zuvor war sie jahrelang als Gast bei uns.

Was ist Deine Arbeit im CaFée mit Herz?

Zuvor muss ich erzählen, warum ich – ganz formal gesehen – im CaFée mit Herz arbeite, arbeiten darf: Ich leiste Sozialstunden ab. In meinem vorherigen Wohnort Leipzig hatte ich viel Ärger mit der Polizei, es ging auch um Gewalt gegen Polizisten. Das Ergebnis: Ich hätte 4000 Euro zahlen müssen – die ich natürlich nicht hatte. Alternative war: 1250 Sozialstunden leisten bis zum Ende des Jahres 2024. Das habe ich erst mal akzeptiert. Im CaFée mit Herz arbeite ich so täglich seit Anfang März mal in der Küche, mal bei der Essensausgabe oder in der Kleiderkammer.

Wie bist Du auf das CaFée mit Herz gekommen?

Im Sommer 2022 gab es das 9-Euro-Ticket. Da ich aus Leipzig wegwollte, bin ich damit rumgereist, auch nach Sylt zu den Punks! Hamburg hat mir aber am besten gefallen. Allerdings war ich auch hier erst mal obdachlos. Wir haben neben dem Reloaded auf der Reeperbahn dann Platte gemacht. Dort konnte uns keiner vertreiben, weil das kleine Stück Privatgelände war. So habe ich dann das CaFée mit Herz kennengelernt. Dort gab es Essen und ärztliche Versorgung. Das fand ich total super! Alle, die ich kannte, sind ins CaFée mit Herz gegangen. So bin ich am Ende darauf gekommen anzufragen, ob ich die anstehenden Sozialstunden hier ableisten darf.

Und wie läuft es im CaFée mit Herz?

Am Anfang waren, glaube ich, viele aus dem Team skeptisch. Ich war vorher auch ein paarmal betrunken da – zugegeben. Aber mittlerweile habe ich mich wohl ganz gut gemacht. Ich mag die Menschen einfach, die hier arbeiten – genauso wie die Gäste, von denen mich viele ja auch noch „von draußen“ kennen. Es ist ein tolles Gefühl, an genau dem Ort, an dem mir und anderen geholfen wurde, nun selbst helfen zu dürfen. Ein absolutes Erfolgserlebnis für mich.

Wie ist es für Dich in den Hamburger Jahren ansonsten gelaufen?

Vor ca. zwei Jahren habe ich in Hamburg meinen Freund und Mann kennengelernt – in der Obdachlosigkeit. Ein Jahr lang – mit Unterbrechungen – haben wir beide dann später zusammen im Pik As – mit unseren Hunden! – wohnen können. Über die Pik As-Sozialberatung sind wir am Ende in eine Unterkunft von fördern & wohnen in Fuhlsbüttel vermittelt worden. Dort wohnen wir beide nun seit Ende Februar 2024, mit den Hunden. Und wir bekommen Bürgergeld. Für mich war Hamburg von Anfang an super, auch als Obdachlose. Zuvor habe ich ca. 8 Jahre überhaupt nichts auf die Reihe gekriegt.

Was war los?

Ich komme ursprünglich aus Coburg, habe dort damals eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten gemacht, auch damit gearbeitet. Da ich am Ende nicht so der Typ fürs Büro war, habe ich eine Umschulung zur Schreinerin absolviert. Aber dann kamen viele „Schicksalsschläge“, wie ich das heute nennen würde – von außen wie von innen. Ich habe in diesen Jahren zum Beispiel vier Kinder von drei Vätern bekommen, war auch länger aus persönlichen Gründen im Krankenhaus. In der Zeit bin ich auch erstmals straffällig geworden. Ich bin von dort quasi „geflohen“ – weil ich damals so große Angst vor dem Knast hatte.

Was wünschst Du Dir für die Zukunft?

Erstmal hoffe ich, dass das hier im CaFée mit Herz gut läuft. Und ich auch insgesamt stabil bleibe. Immerhin nehme ich ja nach wie vor am Substitutionsprogramm mit Methadon teil. Aber ich habe nun eine Meldeadresse, ich lebe mit meinem Mann zusammen – und ich arbeite jeden Tag im CaFée mit Herz. Dort würde ich auch sehr gern bleiben, auch nach Ableistung der Sozialstunden. Ich möchte Kontakt zum Jugendamt aufnehmen und vielleicht irgendwann meine Kinder wieder sehen dürfen, vor allem die drei jüngeren. Außerdem möchten mein Mann und ich noch in diesem Jahr unbedingt heiraten. Auf dem Standesamt natürlich, aber dann wollen wir uns noch mal extra von einem echten Kapitän trauen lassen! Wenn das klappt, laden wir alle ein, und es gibt eine große Punk-Party. Auch unsere Familien werden dann nach Hamburg kommen, alle freuen sich sehr.

Danke für das offene Gespräch, liebe Bärbel. Und mach weiter so!