Bianca (56) arbeitet seit 2020 als Sozialarbeiterin im CaFée mit Herz (CmH). Neben der Sozialberatung ist sie vor allem für unser Wohnprojekt „Land in Sicht!“ zuständig
Wie sieht eine typische Arbeitswoche für Dich aus?
Das kann ich so genau gar nicht sagen – obwohl ich immer gut durchgeplant bin. Ich bin vor allem für das Wohnprojekt tätig, in dem ich unsere Wohngäste fortlaufend in ihren Anliegen und ihrer Perspektivplanung unterstütze. Das CaFée mit Herz hat fünf Zweizimmer- und eine Dreizimmerwohnung angemietet, alle im selben Stadtteil, gut gelegen, nordwestlich der City. Dort bekommen obdachlose Menschen einen „Hafen auf Zeit“.
Und ich mache Sozialberatung im CaFée mit Herz: Ich unterstütze gesundheitlich beeinträchtige Menschen, sorge dafür, dass sie in Bezüge kommen oder Fragen der persönlichen und beruflichen Zukunft besprochen werden. Ich berate die Menschen und entwickle mit ihnen zusammen einen „Roten Faden“: Es geht darum, dass sie insgesamt besser aufgestellt sind, es geht um ihre Lebensplanung und um Wohnraum. Obdachlose haben ein super anstrengendes Leben. Ob Krankenversicherung, Kleidung, Wohnen oder Essen: Immer müssen sie sich irgendwas organisieren. Unser Wohnprojekt „Land in Sicht!“ ist eine Art „Hafen auf Zeit“, in dem unsere Wohngäste ihr Leben mit meiner Unterstützung wieder selbst in die Hand nehmen und sich eine tragfähige Lebensperspektive erarbeiten.
Was kannst Du für die Gäste tun, die in Deine Beratung kommen?
Zu mir kommen Menschen, die kein Geld haben, die keine Papiere haben, die krank sind, die durchs soziale Netz gefallen sind. Da geht es erst einmal darum, die Papiere in Ordnung zu bringen. Interessanterweise auch oft um die Frage: Möchtest Du eigentlich eine Wohnung – mit der ganzen Verantwortung, die das mit sich bringt? Kurzum: Wie soll Dein weiteres Leben aussehen? Nicht jeder Mensch möchte in einer Wohnung leben. Ich sage immer: Wenn jemand ein Nest möchte, suche ich zusammen mit ihm den stabilen Baum dafür.
Ist das Wohnprojekt ein Erfolg?
Unser Wohnprojekt läuft schon seit dreieinhalb Jahren. Die Menschen wohnen zwischen drei Monaten und zweieinhalb Jahren im Projekt – insgesamt waren es bisher 26 Wohngäste, die diese Chance nutzen konnten. Bislang sind schon 19 Bewohner*innen wieder in eine eigene Wohnung mit unbefristetem Mietvertrag gezogen. Etliche haben eine Ausbildung begonnen, eine Arbeit aufgenommen, eine Person hat ein Studium begonnen und mehrere engagieren sich täglich im Rahmen eines Ehrenamtes.
Wie bist Du zum CaFée mit Herz gekommen?
Ich war 30 Jahre lang im Bereich gehörloser Menschen tätig, vor allem in der sozialpädagogischen Familienhilfe und in der Eingliederungshilfe. Nach all den Jahren wollte ich noch einmal verwirklichen, was ich schon mit 20 wollte: mit obdachlosen Menschen arbeiten. Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich habe mich gezielt auf die Suche gemacht und habe eine Stellenanzeige vom CaFée mit Herz entdeckt. Und wurde eingestellt. Und ich freue mich jeden Tag, dass mir die Menschen ihr Vertrauen schenken, und dass sie mit meiner Hilfe einen Neustart wagen.
Das finden wir gut, auch im Namen unserer Gäste! Danke für das Interview, und bleib bei uns, liebe Bianca!