Raphael, 28, von mobilewundversorgung.de bietet alle zwei Wochen (jeden 1. und 3. Montag des Monats, 14-16 Uhr) eine Sprechstunde im CaFée mit Herz an.
Am Montag ist wieder Wundversorgungssprechstunde. Was erwartet Dich?
Die Leute kommen in der Regel rund um das Mittagessen. Deshalb haben wir die Sprechzeiten auch so gelegt. Wir verteilen Flyer in vier Sprachen, die die Wundversorgung ankündigen. Und mittlerweile spricht sich unter den Gästen dann auch schnell herum, dass ich da bin. Es geht oft erstmal darum, Vertrauen aufzubauen. Nicht jeder Mensch von der Straße lässt seine Wunden sofort einfach so begutachten. Andere wiederum, die mich schon ein wenig kennen, zeigen sogar stolz ihre Verletzung her – etwa, weil sie schon so gut verheilt ist.
Mit welchen Beschwerden kommen die Menschen?
Meistens geht es um „Schleppe“, wie wir das nennen: eine bakterielle Infektion von Wunden, die schon länger unbehandelt frei liegen, oft auch eitern. Was es auch viel gibt: dass Wunden, die z. B. am Anfang einmal im Krankenhaus oder einer Praxis versorgt wurden, dann einfach nicht weiterbehandelt wurden. Ich sehe und behandle zudem immer wieder traumatische Wunden – wenn es mal Kloppe gab. Und Krätze, diese Fälle vermitteln wir dann allerdings oft an die Bahnhofsmission weiter, weil die sich auf diese Behandlung spezialisiert haben.
Warum Wundversorgung im CaFée mit Herz und nicht etwa in einer Praxis oder im Krankenhaus?
Der Bedarf ist schon deshalb da, weil viele Klienten und Klientinnen sich nach meinem Eindruck im CaFée mit Herz viel lieber behandeln lassen als im Krankenhaus. Dort fühlen sie sich als Obdachlose vielleicht manchmal ein wenig abgestempelt. Zudem werden sie im Regelsystem mangels Krankenversicherung oft auch gar nicht oder zumindest nicht langfristig behandelt.
Wie ist es zu dem Projekt gekommen?
Wir sind vorletztes Jahr von dem Verantwortlichen von strassenhilfe-hamburg.de, der Hamburger Übersichtsseite zu Angeboten und Terminen für obdachlose Menschen, angesprochen worden: ob wir uns vorstellen könnten, so eine Lücke im System zu schließen. Dann haben wir uns als mobilewundversorgung.de einfach im CaFée mit Herz vorgestellt.
Weshalb machst Du diese ehrenamtliche Arbeit?
Ich will einfach meinen Teil beitragen, Menschen Hoffnung geben, für die und zu denen dieses System einfach nicht gut ist. Dass ich meine fachliche Kompetenz – Wunden professionell zu versorgen – hier einbringen kann, erfüllt mich. Ich mache die Arbeit daher auch für mich selbst. Die Gespräche mit den Leuten im CaFée mit Herz bringen mich runter: Was führen wir anderen für ein Luxusleben im Gegensatz zu diesen Menschen! Und krass, was die so alles erlebt haben! Diese Menschen tun mir gut, und ich kann gleichzeitig für sie etwas Gutes tun. Das ist perfekt.
Was mir auch aufgefallen ist, wie sehr diese Arbeit inzwischen auf das Netzwerk in meinem Hauptjob (oder auch im privaten Umfeld) ausstrahlt. Ich werde in Arztpraxen, Altenheimen oder bei Hausbesuchen von Patientinnen und Patienten oft darauf angesprochen. Viele machen sich dann Gedanken, spenden Sachen oder Geld. Die Erfahrung, dass so viele Menschen eine soziale Ader haben, ist toll. Mir macht das alles auf jeden Fall großen Spaß, und es soll noch lange so weitergehen.
Das wünschen wir uns auch. Danke von Herzen im Namen unserer Gäste, des Teams und des Vereins!