Ist sich die Stadt Hamburg in diesen Tagen ihrer Verantwortung für die Ärmsten bewusst? Als eine der wenigen Einrichtungen  in Hamburg haben wir ununterbrochen unseren Betrieb – mit Einschränkungen – aufrecht erhalten. Wir haben letzte Woche vor dem CaFée mit Herz fast 2000 Mahlzeiten (statt normalerweise 1500) ausgegeben, diese Woche werden es wieder mehr werden. Und nochmal mehr, wenn die Quarantäne in der öffentlichen Unterkunft des Winternotprogramms in der Friesenstrasse demnächst aufgehoben wird und sich die dort befindlichen ca. 300 Menschen wieder frei bewegen können.
Seit etwa zehn Tagen stehen Hamburger Obdachlosen quasi keine Duschen oder Toiletten mehr zur Verfügung, von Kleiderkammern ganz zu schweigen.
Die Hamburger Gesundheitsbehörde macht sich derweil Gedanken über Hygienemaßnahmen in Einrichtungen für sozial Bedürftige (von denen fast alle geschlossen haben!) und hat dazu ein dreiseitiges Arbeitspapier mit jeder Menge detaillierten Hinweisen zum Händewaschen, Meldungen an das Gesundheitsamt und Desinfektionsmaßnahmen erstellt.
Wir glauben, dass den Hamburger Obdachlosen derzeit ein Merkblatt nicht weiterhelfen wird. Uns als Einrichtung für die Ärmsten der Stadt übrigens auch nicht. Konkrete Maßnahmen würden helfen! Die Öffnung der Duschen und WCs im derzeit ja sowieso geschlossenen Schwimmbad St. Pauli am Millerntor etwa. Oder die temporäre Unterbringung von Obdachlosen in den vielen derzeit leeren Hotelzimmern der Stadt. Träger wie das THW oder das DRK könnten auf dem Spielbudenplatz eine Suppenküche mit einer ausreichenden Anzahl Dixie-WCs errichten. Oder, Oder, oder. Ideen für Sofortmaßnahmen gibt und gäbe es viele. Jetzt ist Handeln angesagt, die Zeit für komplexe Merkblätter und langwierige Meetingrunden mit Bedenkenträgern sollte auch in den Behörden vorbei sein.
Obdachlose sind derzeit eine gefährdete Zielgruppe, da diese Menschen in der Regel körperlich geschwächt und nur wenig widerstandsfähig gegenüber einer Viruserkrankung sind. Hamburg ist in Krisenzeiten eine handelnde Stadt, das hat schon Helmut Schmidt 1962 bei der Sturmflut bewiesen. Solch ein Krisenmanagement kann ich im Bereich derer, die man nicht so einfach in häusliche Quarantäne schicken kann, derzeit nicht erkennen.