Martin Wettering, 57, ist zusammen mit vier anderen Menschen ehrenamtlicher Vorstand des CaFée mit Herz e. V.
Du bist normal nur für den Verein zuständig, also eher im Hintergrund aktiv. Derzeit bist Du aber oft im CaFée mit Herz präsent. Was machst Du in dieser Zeit?
In den letzten Monaten habe ich dabei geholfen, unsere Vereinsverwaltung/Buchhaltung zu modernisieren und unser Büro effizienter aufzustellen. Das CaFée mit Herz (CmH) ist in den letzten Jahren stark gewachsen, daher mussten hier einige Dinge angepasst werden. So haben wir jetzt zum Beispiel eine Bundesfreiwilligen- (Bufdi-)Stelle. Ich war aber auch Hausmeister, wann immer z. B. Otto eine Bohrmaschine brauchte, Helfer beim Auf- und Abbau unserer Veranstaltungen, (Telefon-)seelsorger, IT-Nerd und Kümmerer, wo immer Handlungsbedarf bestand. Das ist das Tolle am CmH: Irgendwas ist immer – und es ist immer etwas Neues.
Was sind Deine eigentlichen Aufgaben als Vereinsvorstand?
In Kürze zusammengefasst: Vereinsfinanzen, Kontakte zur Stadt und zur Politik, Entscheidungen treffen. Die Tätigkeiten für den Verein sind weniger sichtbar, aber dennoch sehr wichtig. Als Vorstandsmitglied unterstütze ich dabei, den Verein nach innen und außen zu führen. Als Team geben wir die Richtung vor und müssen dann auch für den Verein viel entscheiden, z. B. zu Personaleinstellungen oder – wie derzeit gerade – über den diesjährigen Umbau unserer Duschräume. Ich bin in Kontakt mit der Stadt, der Politik – und allgemein mit Menschen und Organisationen, die uns zugewandt sind. Das CmH kann ja nicht im luftleeren Raum agieren. Maike, unsere Geschäftsführerin, ist bei uns von A-Z für das operative Geschäft verantwortlich und ist sichtbarer, im CaFée selbst, oder auch in den Medien. Wir sind ein Team und machen diese ganze Arbeit am Ende ausschließlich zum Wohle unserer Gäste.
Was hast Du vor Deiner Zeit im und für das CaFée mit Herz gemacht? Wie kam es dazu, dass Du 2022 sogar Vereinsvorstand wurdest?
Ich habe viele Jahre in leitenden Funktionen (Finanzen/Controlling) in der Mineralölbrache gearbeitet und bin politisch in der Stadt aktiv. Aufmerksam wurde ich auf das CmH durch die seit mittlerweile ca. 10 Jahren stattfindende private Spendensammelaktion von Mitarbeitenden der Shell. So entstand schnell der persönliche Kontakt zum CmH. Ich war so begeistert, dass ich in den CmH e.V. eingetreten bin. Während der Corona-Pandemie habe ich angefangen, das CmH aktiver zu unterstützen und externe Kontakte für das CmH zu knüpfen. Seit fast zwei Jahren bin ich nun im Vorstand des Vereins. Wir sind zu fünft und unsere Zusammenarbeit im Team mit Maike ist richtig toll.
Was muss in Hamburgs Wohnungs- und Obdachlosen-Politik passieren, damit Einrichtungen wie das CmH und seine Projekte überflüssig werden?
Die Gesellschaft kann die Obdachlosigkeit nur gemeinsam bekämpfen. Solange wir Vorbehalte gegenüber obdachlosen Menschen haben, das Thema Obdachlosigkeit, Kriminalität und Drogensucht immer in einen Topf werfen, und uns von Ängsten leiten lassen, wird es schwer. Das sehen wir jetzt gerade am Beispiel der geplanten Unterkunft in Niendorf. Hamburg ist kein Bullerbü. Vielleicht können wir auch von anderen Städten, wie z. B. Houston ein wenig lernen. Wir dürfen die vielen Geflüchteten, die in einer Kraftanstrengung in Hamburg Unterkunft bekommen haben, nicht gegen die obdachlosen Menschen ausspielen. Ich sehe in der Politik aber langsam die Erkenntnis, mehr machen zu müssen, als Obdachlosigkeit zu verwalten. Zumindest ist ein politisches Ziel definiert, die Stadt fängt an sich zu bewegen und sich für das Thema ernsthafter zu interessieren. Das CmH wird es so lange geben, wie es Menschen gibt, die bedürftig sind. So lange, wie wir diese Arbeit mit den Menschen gut und erfolgreich machen. Unsere Angebote z. B. mit der Sozialarbeit, dem Hotelprojekt und Housing First-Projekt, sowie mit dem Kältebus Hamburg sind allesamt Erfolgsgeschichten, die vielen Menschen in Not helfen. Und das nicht nur kurzfristig – daher ist unser Planungshorizont ein langfristiger.
Braucht der CaFée mit Herz e. V. eigentlich mehr und neue Fördermitglieder?
Je mehr Mitglieder wir sind, umso besser. Das CmH ist zu 100% spendenfinanziert. Wir sind ein freier Verein, der unabhängig von Staat und Kirche agiert. Wir sind auf Spenden angewiesen, ob durch unsere Fördermitglieder oder Spender*innen oder Unterstützer*innen. Mitglieder im Verein helfen uns regelmäßig, Beiträge zu erhalten, mit denen wir planen können. Wer uns verlässlich und freiwillig auch tatkräftig helfen mag, ist bei uns ebenfalls herzlich willkommen. Wir freuen uns über Helferinnen und Helfer, die uns ehrenamtlich unterstützen.
Manche Menschen wollen sich nicht konkret engagieren, sondern einfach nur Geld spenden, egal ob in Hamburg oder in ganz Deutschland. Warum gerade an das CaFée mit Herz?
Etwas Gutes tun ist großartig. Da ist es erstmal egal, wo. Aber das Besondere am CmH ist eben unsere direkte Unterstützung. Wir sind zwar klein, aber wir bringen die Hilfe direkt dorthin, wo es wichtig ist. Wenn wir Schlafsäcke organisieren, gehen die direkt zu den Menschen auf der Straße und helfen sofort. Wenn wir Frühstück und Mittagessen ausgeben, oder mit dem Projekt StuPoli zweimal pro Woche eine medizinische Erstversorgung anbieten, dann wirkt das direkt für unsere Gäste. Jede Unterstützung kommt dort an, wo sie gebraucht wird – egal ob es um Geld- oder Sachspenden geht.
Wie siehst und beschreibst Du die Arbeit des CaFée mit Herz in 10 Jahren?
Wir feiern kommendes Jahr unser 25-jähriges Jubiläum. Ich bin mir sicher, Holger Hanisch, unser Gründer, hätte im kühnsten Traum nicht geglaubt, dass sich das CaFée so weit entwickelt. Ich würde mich freuen, wenn wir in den nächsten 10 Jahren vielen Menschen die Chance ermöglichen könnten, aus der Bedürftigkeit und/oder Obdachlosigkeit raus zu kommen. Wenn es mehr Wohnraum gäbe und unsere Einrichtung durch unsere Sozialarbeit direkter und schneller helfen könnte. Es wäre ein Traum, wenn es für unsere Gäste einfacher wäre, sich mit den Behörden auszutauschen. Das CaFée mit Herz wird auch in 10 Jahren die Fee mit Herz sein. Alles was wir tun, machen wir aus einem Eigenantrieb heraus und zusammen mit den Gästen. Das geht nicht ohne Herz und eine große Portion Zauberei.
Lieber Martin, bleib bitte mindestens so lange dabei – und danke für dieses Gespräch!